Driburger Kreis 2024

Organizer
Driburger Kreis
ZIP
21335
Location
Lüneburg
Country
Germany
Takes place
In Attendance
From - Until
24.09.2024 - 25.09.2024
Deadline
31.05.2024
By
Torsten Bendl, Professur für Wissenschaftsgeschichte, Universität Regensburg

Driburger Kreis 2024

Der Driburger Kreis trifft sich von Dienstag, 24. September bis Mittwoch, 25. September 2024 im Vorfeld der Jahrestagung der Gesellschaft für Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik e.V. (GWMT). Er richtet sich explizit an Wissenschaftler:innen, die am Anfang ihrer akademischen Karriere in den Forschungsfeldern der Wissenschafts-, Medizin- und Technikgeschichte und angrenzender Disziplinen stehen (Studierende, Promovierende, Post-Docs, Habilitierende). Weitere Informationen zum Driburger Kreis sowie Hinweise zum Vortragsformat und Programm finden sich auf https://www.driburgerkreis.de.

Driburger Kreis 2024

The annual conference of the Driburger Kreis 2024 is dedicated to the general theme of "Waste.Accidents.Failures." and focuses on the often-neglected aspects and consequences of scientific activities and technological developments. The concepts behind the terms represent breaks in what is often seen as a linear development of scientific progress and knowledge gain. They offer the opportunity to shed light on a dynamic understanding of science and to include social interactions and extra-epistemic influences.In addition, the subjective interpretations of events or products as "waste", "accident" or "failure" also offer the potential for a reflection on the categories and their attributions for science, medicine,and technology.

Driburger Kreis 2024

Der Driburger Kreis trifft sich von Dienstag, 24. September bis Mittwoch, 25. September 2024 im Vorfeld der Jahrestagung der Gesellschaft für Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik e.V. (GWMT). Er richtet sich explizit an Wissenschaftler:innen, die am Anfang ihrer akademischen Karriere in den Forschungsfeldern der Wissenschafts-, Medizin- und Technikgeschichte und angrenzender Disziplinen stehen (Studierende, Promovierende, Post-Docs, Habilitierende).

Der Driburger Kreis versteht sich als informelles Forum, in dem Probleme, Schritte und Ergebnisse eigener Arbeiten vorgestellt werden können. Das jährliche Rahmenthema soll Anreiz bieten, verschiedene Arbeiten unter einem gemeinsamen Gesichtspunkt zu diskutieren. Projektvorstellungen jenseits des Rahmenthemas sind ebenfalls ausdrücklich erwünscht.

Im Vorfeld der Jahrestagung am Montag, 23. September wird es auch in diesem Jahr einen Workshop geben in Form eines Ideenlabors zur Frage „Wie finde ich ein Forschungsthema?“. Die Veranstaltung wird hybrid sein. Weitere Informationen dazu finden sich in Kürze auf unserer Website.

Das diesjährige Rahmenthema der Jahrestagung lautet:

Abfälle. Unfälle. Ausfälle.

Abfälle, Unfälle und Ausfälle – diese drei Aspekte finden im Wissenschaftsalltag und der Fokussierung auf Fortschritt nur selten Eingang in wissenschaftliche Erfolgsgeschichten und epistemische Narrative. Die Vorstellung einer geradlinigen Geschichte wissenschaftlicher Fortschritte war über Jahrzehnte im Fokus, rückt aber inzwischen in der wissenschaftshistorischen Forschung immer mehr in den Hintergrund zugunsten von Forschungsfragen, die periphere, non-lineare oder problematischere Aspekte der Wissenschaftsforschung in den Blick nehmen.

Abfälle, Unfälle und Ausfälle sind in diesem Sinne einen wissenschaftshistorischen Blick wert, brechen sie doch häufig nicht nur diese oft linearen Erfolgsgeschichten auf, sondern lenken den Fokus weg von einer monolithischen Erzählung, die den privilegierten weißen Hauptakteur hervorhebt, hin zu einem dynamischeren Verständnis von Wissenschaft, das soziale Interaktionen und außer-epistemische Einflüsse einbezieht. Fehler und Missgeschicke sind nicht bloß Hindernisse, sondern können als Quellen für Innovation und Neuorientierung verstanden werden.

Die Bezeichnungen “Abfall”, “Unfall” und „Ausfall“ implizieren subjektive, negative Wertungen, die vom positiven Verlauf als dem Standard ausgehen, und sind stark interpretativ. Ihre Bedeutung variiert je nach Kontext und Perspektive. Wer definiert, was als Abfall, Unfall oder Ausfall in Wissenschaft, Medizin oder Technik zu betrachten ist – die wissenschaftlichen Akteur:innen, die Forschenden oder die außerwissenschaftliche Öffentlichkeit? Wann wird etwas als glücklicher Zufall oder gar gewollte Entwicklung interpretiert? Welchen Einfluss hat diese Kategorisierung auf das Verständnis wissenschaftlichen Arbeitens und die Wahrnehmung der Wissenschaft an sich?

Die historische Veränderlichkeit der Begriffe ermöglicht es, die Dynamik des Erkenntnisprozesses darzustellen und kritisch zu hinterfragen, welche Ereignisse als bedeutend oder irrelevant eingeschätzt wurden.

Die Geschichte des Abfalls ist eng mit dem Konzept des gesellschaftlichen Fortschritts verbunden. Als fortschrittlich betrachtete industrielle Prozesse verursachen Abfallprodukte, die sich nicht selten zu einer langfristigen Umweltbelastung entwickeln. Doch was genau wird als Abfall betrachtet und was impliziert diese Kategorie?

In der Literatur finden sich Beispiele, die das Thema Abfall in den Fokus nehmen. Diese reichen von einer historischen Betrachtung der “Kurze(n) Geschichte des Abfalls” (Winiwarter, 2002) bis hin zu einer kulturwissenschaftlichen Analyse der “Kehrseite der Dinge” (Windmüller, 2004). Arbeiten, wie die Untersuchung von „Hausmüll“ (Köster, 2017) als spezifischer Abfallkategorie, erweitern das Verständnis für die soziale Dimension des Abfalls. Dem Thema körperlicher Abfallprodukte widmete sich Tamar Novicks Arbeit zur “Entdeckung des Urins” (Novick 2018), die den Wert dieser anderen Art des Abfalls hinterfragt und seine weitere Nutzung beleuchtet. Spätestens damit wird deutlich, die Definition von „Abfall“ ist sehr facettenreich.

Analog dazu, bietet auch die Betrachtung von Unfällen in der Wissenschafts-, Technik- und Medizingeschichte eine gewinnbringende Möglichkeit, um die Wechselwirkungen zwischen dem Streben nach Fortschritt und möglichen Konsequenzen technologischer Entwicklungen zu erforschen. Unfälle können eine Art Wendepunkt darstellen, an dem die vermeintlich lineare Entwicklung von Innovationen und Entdeckungen unterbrochen wird und die unerwarteten Herausforderungen und Risiken deutlich werden. Mit dieser „Unordnung der Dinge“ beschäftigte sich Kassung 2015 in Form einer Wissens- und Mediengeschichte.

Wer aber definiert ein Vorkommnis als Unfall? Und welchen Effekt hat diese Kategorie für die historische Analyse eines Ereignisses?

Nicht zuletzt haben Wissenschaft, Medizin und Technik auch immer wieder mit Ausfällen zu kämpfen. In technischen Systemen und Infrastrukturen werfen Ausfälle Fragen zur Zuverlässigkeit und Robustheit auf. Wie geht man mit Technik um, die ausfällt? Diese „Grauzonen der Technikgeschichte“ (Möser, 2011) bieten einen geeigneten Ansatzpunkt für historische Analysen der Interaktion und Nutzung von Systemen im sozio-kulturellen Alltag und dem Stellenwert von Wissenschaft und Technik im täglichen Anwendungskontext.

Doch es gibt auch andere Arten von Ausfällen als technische. Etwa Personelle, wie das Ausfallen von Wissenschaftler:innen, beispielsweise durch Kürzungen oder strenge Regulierung von Personalmitteln oder Beschäftigungsbedingungen. Welche Wirkung hat der Ausfall von Arbeitskräften auf die Wissenschaft?

Und was passiert, wenn Personen nicht ausfallen, sondern ausfallend werden?

Mögliche Perspektiven sich dem Thema zu näher sind:
- Welche Rolle spielt Abfall im Kontext technologischer und wissenschaftlicher Innovationen?
- Gibt es versehentliche Fehlfunktionen oder misslungene Experimente, die Einfluss auf wissenschaftliche Erkenntnisse haben?
- Welche Rolle spielen gezielte Formen von Abfällen, Unfällen oder Ausfällen und wer bestimmt, dass sie in Kauf genommen werden?
- Wie prägen Abfälle, Unfälle oder Ausfälle Regulierungsprozesse?
- Was sind die sozialen und kulturellen Dimensionen von Abfällen, Unfällen oder Ausfällen in Wissenschaft, Technik oder Medizin?
- Wie beeinflusst das Labeln von etwas als „Abfall“, „Unfall“ oder „Ausfall“ die Wahrnehmung in konkreten historischen Fallbeispielen?
- Welche Rolle haben die genannten Konzepte für die historiographische Untersuchung der Wissenschaften, Medizin und Technik?
- Welchen Konnotationswandlungen sind die drei Konzepte und ihre konkreten Anwendungsziele unterworfen?

Das Tagungsthema ist explizit weit gefasst und zielt darauf ab, verschiedene Aspekte und Perspektiven von Abfällen, Unfällen und Ausfällen in der Geschichte der Naturwissenschaften, Medizin und Technik in den Fokus zu nehmen. Es können darüber hinaus auch Abstracts eingereicht werden, die nicht direkt auf das Tagungsthema Bezug nehmen oder Wissensgeschichte in einem breiteren Rahmen denken.

Literatur

Kassung, Christian (Hrsg.). Die Unordnung der Dinge: Eine Wissens- und Mediengeschichte des Unfalls. Transcript, 2015.
Köster, Roman. Hausmüll: Abfall und Gesellschaft in Westdeutschland 1945-1990. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 2017.
Möser, Kurz (Hrsg.). Grauzonen der Technikgeschichte. Neuauflage (Online). Larlsruhe: KIT Scientific Publishing, 2011 (Erstellungsdatum: 08 septembre 2023).
Novick, Tamar. Die Entdeckung des Urins. In: Nach Feierabend. Züricher Jahrbuch für Wissensgeschichte 14, special issue: Research Materials: Logistics, Logics, Traditions, 2018, 139-149.
Windmüller, Sonja. Die Kehrseite der Dinge: Müll, Abfall, Wegwerfen als kulturwissenschaftliches Problem. Münster: Lit, 2004.
Winiwarter, Verena. Eine kurze Geschichte des Abfalls. In: Wissenschaft & Umwelt Interdisziplinär 5, April 2002, 5-14.
Gina Maria Klein
Universität Bielefeld

Abstracts von maximal 300 Wörtern, inklusive einem Kurzlebenslauf (zusammengefasst in einem Word-kompatiblen Dokument) werden erbeten bis zum 31. Mai 2024 an das Organisationsteam des Driburger Kreises (info@driburgerkreis.de). Für Vortrag und Diskussion sind insgesamt 30 Minuten (15 min Vortrag, 15 min Diskussion) angedacht, sodass wir ausreichend Zeit für Feedback und Diskussion haben. Sollte es Fragen zum Thema oder allgemein zur Veranstaltung geben, können diese gerne an das Organisationsteam (ebenfalls unter info@driburgerkreis.de) gestellt werden.

Guidelines und Hilfestellungen zum Schreiben von Abstracts, sowie weitere Informationen zum Vortragsformat finden sich auf https://www.driburgerkreis.de/

Informationen über das Reisekostenstipendien der GWMT finden sich auf der Website der GWMT.

Contact (announcement)

info@driburgerkreis.de

https://www.driburgerkreis.de/
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